Wie sollte Hochbegabtenförderung aussehen?- Problematik und Lösungsansätze


Förderung von Hochbegabten ist extrem wichtig für deren positive Entwicklung. Doch wie sehen die Möglichkeiten aus, welche Hochbegabten zur Verfügung stehen?

 

Inzwischen stellen Schule, Psychologen und Coaches auch ein bestimmtes Angebot bereit.

 

Doch warum die momentane

Hochbegabtenförderung nur sehr bedingt hilfreich ist und wie sie besser gestaltet werden könnte.

 


 

Hochbegabtenförderung in der Schule

 

In der Schule versucht man typischerweise den Anforderungen von Hochbegabten damit gerecht zu werden, indem man ihnen zusätzliche und etwas schwierigere Aufgaben gibt oder sie eine Klasse überspringen lässt.

 

Grundsätzlich bewegt man sich aber immer noch im selben Lernsystem und dies ändert nichts an den eigentlichen Problemen. Die Schwierigkeiten, die Hochbegabte im schulischen Lernen haben, werden so nur begrenzt oder zeitweise gelöst. Von einer wirklichen Förderung mal ganz abgesehen. Da man an der grundsätzlichen Art des Lernens nichts ändert, was aber dringend erforderlich wäre, für ihre Entwicklung und zur Vermeidung von Schulfrust.

 

Benötigt werden Bedingungen, die auf Hochbegabte ausgerichtet sind und ihren Bedarf entsprechen. Wie etwa ein offeneres und freieres Lernen, wo sie ihrem Tempo folgen und ihren eigenen Gedankengängen und Interessen nachgehen können. Dies ermöglicht ihnen auch ein individuelleres Lernen, was ihrer Art zu Denken und ihrem Leistungsvermögen entspricht.

In dem sie sich entsprechend ihren Besonderheiten entwickeln und Sicherheit darin gewinnen können.

 

 

Psychologische Beratung und Coaching für Hochbegabte

 

Ähnlich verhält es sich oft in der psychologischen Beratung oder im Coaching für Hochbegabte, die der Förderung ihrer Begabungen dienen soll. Dort wird sehr stark an Glaubenssätzen, am eigenen Selbstvertrauen und Selbstwert gearbeitet. Dahinter steckt die Annahme, wenn ein Mensch genug in sich selbst gestärkt ist, wird er auch gut seine Potenziale entfalten können. Natürlich ist dies auch eine gute Grundvoraussetzung und für die Persönlichkeitsentwicklung eines jeden Menschen sehr hilfreich.

Meines Erachtens ist das aber zu oberflächlich gegriffen. In der Praxis sehe ich immer wieder, dass dies nicht ausreichend ist.

 

 

Hochbegabung ist eine Normvariante

 

Bei Hochbegabung handelt es sich um ein neurologisches Phänomen. Aufgrund dessen man unter anderem Informationen anders verarbeitet. Anhand von Beobachtungen und psychologischen und neurologischen Tests, lässt sich darauf schließen, dass die Gehirne von Hochbegabten wohl grundsätzlich etwas anders arbeiten. In vielen kognitiven Bereichen (u.a. Wahrnehmung, Gedächtnis, Problemlösung,) heben sie sich signifikant von der Mehrheit ihrer Mitmenschen ab.

 

 

Schwierigkeiten bei der Entwicklung

 

Diese Diskrepanz und Andersartigkeit spiegeln sich in vielen Lebensbereichen wider. In der Entwicklung ihrer Begabung wird dies jedoch oft zum Stolperstein.

Häufig ernten sie in ihrer schulischen Laufbahn aber auch in ihrem Umfeld, viel Negativ-Feedback, da dies nicht ihre Art des Denkens entspricht.

Andererseits haben sie auch wenig Raum und Möglichkeiten, um ihre eigenen Begabungen auszuschöpfen, sie zu nutzen und zu lernen, wie “ihr Gehirn funktioniert” und Vertrauen in ihre Fähigkeiten zu gewinnen.

Lernen lernt man auch, durch Orientierung an seinen Mitmenschen [1]. Da Hochbegabung recht selten ist, fehlt es an geeigneten Vorbildern. Gleichzeitig übernimmt man auch Lernformen seines Umfeldes, also von nicht Hochbegabten.

Das Resultat ist, dass sich Hochbegabte als solche nicht entwickeln können.

 

Psychologen und Coaches sind sich dieser Andersartigkeit im gewissen Maße auch bewusst. Doch diese kann nicht ausreichend darstellen, benannt und aufgezeigt werden. Oder nur in Ansätzen und nicht in ihrer Tiefe. Aber genau das ist notwendig damit Hochbegabte ein eigenes Selbstverständnis aufbauen können.

Die Diskrepanz und Andersartigkeit im Denken gegenüber ihrer Umwelt sind einfach zu groß und dies eigenständig zu erfassen und zu bewältigen ist äußerst schwierig.

Ein schlechtes Selbstvertrauen und ein negatives Selbstbild sind Folgen, sozusagen ein Symptom, das aufgrund dessen entwickelt wurde. Deshalb ist es auch nur bedingt hilfreich an den Symptomen zu arbeiten, wenn nicht die Ursachen und Gründe verstanden werden.

 

Alleine ist dies oft nur graduell, in Bereichen möglich. Es bedarf sehr guter Umstände und einer sehr starken Persönlichkeit, um dies zu schaffen. In der Praxis sehe ich genau dort sehr große Schwierigkeiten und Probleme.

 

 

Ansätze der Hochbegabtenförderung

 

Der Ansatz von Hochbegabtenförderung muss darauf ausgerichtet sein, dass man Betroffenen vermittelt, wie Lern- Denkprozesse bei ihnen ablaufen bzw. Sie Zielgerichtet dabei unterstützt, dies bei sich “zu entdecken”. Notwendig ist das Wissen darüber, was genau anders läuft und dieses aufzeigen zu können. Sowie ein Lernumfeld zu schaffen, das genügend Freiraum für ihre Entwicklung ermöglicht.

Hierfür ist ein grundlegendes Verständnis darüber, wie Hochbegabung “funktioniert” und welche Bedingungen sie brauchen, die für sie förderlich sind, entscheidend.

 

Für eine optimale Hochbegabtenförderung fehlt es immer noch an Grundlagenforschung

Es bedarf noch viel Forschung, um die kognitiven und psychologischen Abläufe von Hochbegabten im vollen Umfang zu verstehen.

Die Situation und Angebote sind leider noch immer sehr unzureichend, um einer angemessenen Förderung gerecht zu werden und Hochbegabte somit in unser Bildungssystem und schließlich auch in den Arbeitsmarkt adäquat zu integrieren.

 

 


siehe auch folgende Beiträge z ur Hochbegabung:


Quellen:

1. Schermer, F. J., & Drinkmann, A. (2017). Grundlagen der Psychologie. Kohlhammer Verlag. 264.